„Wie Brennball . . . nur cooler!“


Baseball: Vor einem Jahr standen die Sindelfingen Squirrels fast vor dem Aus – Jetzt formiert sich wieder ein Nachwuchsteam.

Es ist immer dasselbe Bild: Fußgänger bleiben stehen und staunen, was sich auf der Wiese neben der Sommerhofenhalle so tut. Die Sindelfinger Baseballer und Softballer stört es nicht, wie Außerirdische angestarrt zu werden. Im Gegenteil: Aus Zaungästen könnten schließlich Mitspieler werden. Und die sind immer willkommen.
Von Eddie Langner
Mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung Böblinger Bote.



Das Comic-Eichhörnchen auf der Mütze ist das Markenzeichen der Sindelfinger Squirrels. Diese Saison spielt das Team in der Landesliga. Außerdem gibt es wieder ein Jugendteam.
Foto: S. Ruchay-Chiodi

SINDELFINGEN. Noch ist es ruhig auf dem Platz gegenüber von Johanneskirche und Pfarrwiesengymnasium. Die Baseballer- und Softballer schlagen, werfen und fangen in der Halle. Neu in diesem Jahr ist eine Jugendmannschaft. Der Nachwuchs trainiert derzeit immer donnerstags in der Sporthalle auf dem Gelände des Sindelfinger Goldberg-Gymnasiums.

Dass in Sindelfingen auch 2019 wieder die Aluminiumkeulen geschwungen werden, ist keine Selbstverständlichkeit. Vor rund einem Jahr sah es recht düster aus für Baseball in der Daimlerstadt. Ausgerechnet in der Saison nach dem 25-Jahr-Jubiläum und dem Aufstieg in die Verbandsliga mussten die Squirrels (Eichhörnchen) ihre erste Mannschaft zurückziehen und in der untersten Spielklasse den Neuanfang versuchen. Auch das Jugendteam meldeten die Sindelfinger vom Ligabetrieb ab. Es fehlte einfach an Spielern (wir berichteten).


Augen auf den Ball: Trainer Sven Jahns wirft Fabian den Ball zu.
Foto: Eddie Langner

Seitdem hat sich einiges getan bei den Squirrels. Das Herrenteam darf dieses Jahr
nach einer erfolgreichen Bezirksligasaison in der Landesliga antreten (siehe unten).
Außerdem formiert sich derzeit ein neues Kinder- und Jugendteam. Hier lernen die
jungen Spieler im Alter von sechs bis 16 Jahren die Grundlagen des US-Sports. Der
hat einiges mit dem klassischen Schulsportspiel Brennball gemeinsam – ist dabei aber deutlich komplizierter, vor allem aber cooler. So sehen das jedenfalls die jungen Spieler.

Noch wirkt alles ein bisschen improvisiert an diesem Donnerstagabend beim Training in der Sporthalle des Goldberg-Gymnasiums. Die Eltern sind mitgekommen, um ein kleines Trainingsspielchen mit den Kindern und Jugendlichen zu machen. Die Mamas und Papas haben ihre liebe Mühe, die Bälle zu fangen und ans richtige Base zu werfen. Ihren Kindern geht es zum Teil nicht viel besser. Andere haben aber offenbar schon ein bisschen Erfahrung und so schlagen die Kleinen den Großen ordentlich die Bälle um die Ohren und machen einen „Run“ nach dem anderen.


Wer willmitmachen? Die Jugendmannschaft der Squirrels.
Foto: Eddie Langner

„Der Verlierer lädt den Gewinner auf eine Pizza ein“, verkündet Sven Jahns. Der 30-jährige Hausmeister und Gebäudereiniger aus Sindelfingen hat zusammen mit dem bisherigen Jugend-Coach Martin Zeller das Training der Mannschaft übernommen. Jahns hat früher selbst aktiv bei den Squirrels gespielt. Mittlerweile trainiert er mit dem Sindelfinger Freizeit-Softballteam.

Genau hier hat die neue Jugendmannschaft auch ihren Ursprung. Bei der gemischten Mannschaft mit dem selbstironischen Namen „Shit Happens“ sind Spieler jeder Alters- und Erfahrungsstufe willkommen. So ist im letzten Sommer zum Beispiel der zwölfjährige Timo dazugekommen. Er hatte ein paar Mal zugeschaut und ist dann einfach mit ins Training eingestiegen. „Wir haben schon Fußball und Handball ausprobiert“, erzählt seine Mutter Ramona Lemus Ventura. „Aber hier ist es es so schön ungezwungen. Die Leute sind einfach nett, und der Druck ist nicht so hoch wie bei anderen Sportarten“, erklärt die Magstadterin.

Sie selbst hat auch Gefallen an Baseball und der leicht abgewandelten Variante Softball gefunden. Deshalb zieht sie sich selbst ebenfalls einen Fanghandschuh über und assistiert Sven Jahns ein bisschen beim Training.

Die Kinder und Jugendlichen haben über ganz unterschiedliche Wege zum Team gefunden: Ein US-Amerikaner bringt seinen Sohn mit, damit der ein bisschen Trainingszeit bekommt. Mit seinen sieben Jahren hat der Kleine schon einen beachtlich harten Schlag. Der 16-Jährige Tarik fand den Sport „einfach cool“ und hat über die Vereinshomepage (www.squirrels.de) von der Mannschaft erfahren. Eine Gruppe befreundeter Jungs kommt jede Woche aus Vaihingen nach Sindelfingen. „Das ist für uns näher und praktischer, als nach Bad Cannstatt zu den Reds zu fahren“, erklärt ein Vater, der früher selbst bei den Tübingen Hawks Baseball
gespielt hat, warum er seinen Sohn nicht bei einem Nachwuchsteam des Stuttgarter Bundesligisten trainieren lässt. Für die Eltern von Julian Wolff aus Schönaich ist das neue Jugendteam ein wahrer Segen. Der Zwölfjährige ist der erfahrenste Spieler des Teams. Wenn er zur Base wirft, landen seine Bälle hart und genau im Handschuh seiner Mitspieler. Und wenn er die Keule schwingt, saust der Ball als „Line Drive“, also wie ein Geschoss in einer flachen Linie, über das Spielfeld.

Seit das Jugendteam vor zwei Wochen in Ulm bei den offenen baden-württembergischen Indoor-Meisterschaften sein allererstes Turnier gespielt und sich dort achtbar geschlagen hat, wird Julian von seinen Mitspielern nur noch respektvoll „Captain“ genannt – auch von denjenigen, die schon ein paar Jahre älter und einige Zentimeter größer sind als er.

Als die Mannschaft vergangenes Jahr abgemeldet wurde, waren seine Eltern Alex und Eva Wolff schwer enttäuscht. Ein Wechsel nach Stuttgart oder Tübingen wäre für Julian aber nicht in Frage gekommen. „Er wollte immer nur in Sindelfingen spielen“,
freut sich seine Mutter, dass Julian zumindest bei den Freizeit-Softballern und jetzt bei der Jugendmannschaft untergekommen ist.

Für die Teilnahme am Ligabetrieb ist es für das junge Teamnoch zu früh Für eine Teilnahme am Ligabetrieb ist es für die jungen Eichhörnchen noch zu früh. „Nächstes Jahr werden wir die Mannschaft anmelden“, kündigt Sven Jahns an. In diesem Jahr soll das Team im Training weitere Erfahrung sammeln, vielleicht an dem einen oder anderen Turnier teilnehmen und am besten noch einige Spieler dazubekommen. Spätestens wenn im Frühjahr wieder draußen trainiert wird, finden sich bestimmt ein paar Zaungäste, die Lust haben selbst einmal die Keule zu schwingen.


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Datum 03.02.2019
Kategorie Allgemeines
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